Der überraschende Wechsel einer Abgeordeten der Grünen zur CDU-Fraktion im niedersächsischen Landtag zwecks Veränderung der Mehrheits-verhältnisse war für manche ein kleines Déjà-Vu-Erlebnis. Alles schon mal dagewesen, und zwar im Jahre 1976.
Der amtierende SPD-Ministerpräsident Alfred Kubel ging in den Ruhestand und sein designierter Nachfolger Helmut Kasimier konnte auf eine Ein-stimmenmehrheit der SPD/FDP-Regierungskoalition hoffen. Beim Auszählen der Stimmzettel stellte sich heraus, dass drei Stimmen ungültig abgegeben worden waren und der Gegenkandidat der CDU, ein gewisser Ernst Albrecht, somit die Mehrheit erlangt hatte.
Alles das ist in unserer parlamentarischen Demokratie legal. Denn die Abgeordneten, einmal gewählt, sind laut Gesetz, das sie sich selbst gegeben haben, nicht ihren Wählern, sondern nur ihrem „Gewissen“ verpflichtet. Manchmal allerdings verwechseln einige das Gewissen mit ihrem Portemonnaie.
Abgeordnete, die das Wahlvolk hintergehen, indem sie während der laufenden Wahlperiode die Mehr-heitsverhältnisse kippen oder in geheimen Abstimmungen das Gegenteil dessen tun, wofür sie gewählt worden sind, tragen damals wie heute zur „Politik-verdrossenheit“ bei. Es wundert nicht, dass immer weniger Menschen überhaupt wählen oder aber Parteien wählen, die „Alternativen“ versprechen und diese sogar im Namen tragen. Letztere bieten aber keine wirklichen Alternativen.