Am 2. April fand im Technik-Museum Dessau ein von der Initiative „Handwerker für den Frieden“ organisierter Friedenskongress mit gut 250 TeilnehmerInnen statt. Es war eine Nachfolgeveranstaltung zu der am 28. August 2022 in Dessau mit über 2000 TeilnehmerInnen durchgeführten öffentlichen Veranstaltung der Initiative. Handwerksmeister aus Sachsen-Anhalt hatten damals in einem offenen Brief die Bundesregierung aufgefordert, sowohl den NATO-Krieg in der Ukraine als auch den ruinösen Wirtschaftskrieg zu beenden. Wir erinnern uns, dass die energiepolitische Kamikaze-Politik insbesondere von Wirtschaftskriegsminister Habeck im Sommer letzten Jahres viele mittelständische Unternehmen an den Rand des Ruins zu bringen drohte. Die Bäcker etwa, deren Backstuben überwiegend mit Erdgas betrieben werden, brachten ihren Protest gegen diese existenzgefährdende Politik in hunderten örtlichen Demonstrationen im September im Rahmen der bundesweiten Bäckerkampagne „Alarmstufe Brot“ zum Ausdruck. Im Gegensatz dazu unterstützte der Zentralverband des Deutschen Handwerks die Dessauer Initiative nicht, sondern stellte sich demonstrativ hinter die Kriegspolitik der Bundesregierung; Begründung: man dürfe als Einrichtung des öffentlichen Rechtes kein politisches Mandat wahrnehmen. Denn die Dessauer Forderungen gingen weit über begrenzte Verbandsinteressen hinaus: Gegen Waffenlieferungen in die Ukraine, für Frieden mit Russland, gegen die schädliche Sanktionspolitik.
Der Sprecher der Initiative, Handwerksmeister Karl Krökel, schilderte deren Entstehungsgeschichte, die Widerstände, die zu überwinden waren – insbesondere auch durch das Totschweigen oder die Diffamierung in den Medien,aber auch in Teilen der Friedensbewegung, die sich die Regierungsparole vom völkerrechtswidrigen Angriffskrieg und dem Feindbild „Putin“ zu eigen gemacht haben. Aber er konnte auch von der Unterstützung besonders ostdeutscher Handwerksinnungen von Sachsen über Brandenburg bis Mecklenburg berichten, von seinem Auftreten in München bei der Demo gegen die Sicherheitskonferenz oder zusammen mit Wolfram Elsner am 26. Januar beim Bremer Friedensforum.
Der diesjährige Handwerker-Kongress wurde eröffnet mit einer Grundsatzrede von Gabriele Krone-Schmalz, der ehemaligen langjährigen Moskau-Korrespondentin der ARD und Mitglied im Deutsch-Russischen Forum. Sie erinnerte an die gebrochenen Versprechen von NATO, USA und Deutschland gegenüber Gorbatschow und Jelzin, an die mit Beifall aufgenommene Rede Putins vor dem Deutschen Bundestag 2001, wo er für die Idee vom gemeinsamen Wirtschaftsraum von Lissabon bis Wladiwostok warb, bis zur heutigen Dämonisierung des russischen Präsidenten. Sie beklagte insbesondere die Gleichschaltung der Medien und die Unterdrückung alternativer Vorschläge, wie z.B. des chinesischen Zwölf-Punkte-Planes vom Februar 2023. Sie machte auch darauf aufmerksam, dass der Ukraine-Konflikt von der überwältigenden Mehrheit der Staaten völlig anders gesehen wird, als es der „Westen“ glauben machen will. Für Lateinamerika oder Afrika sei ein regionaler militärischer Konflikt an der Peripherie Europas unwichtig; er reihe sich ein in die vielen begrenzten militärischen Auseinandersetzungen der letzten Jahrzehnte in ihren Regionen. Nach Meinung dieser Länder dürfen Amerikaner und Europäer die Existenz des Planeten nicht durch Eskalation eines vergleichbar unbedeutenden regionalen Konfliktes bis zum Atomkrieg gefährden. In Bezug auf die wirkungslose und von ihr abgelehnte Sanktionspolitik wies sie darauf hin, dass zur Globalisierung nun einmal internationale Verflechtungen und Abhängigkeiten gehören. Russland war in der Vergangenheit immer ein zuverlässiger Handelspartner und hat nie seine Energieexporte zur politischen Erpressung genutzt.
In drei Foren wurden danach die Themen „Der Wirtschaftskrieg des Westens gegen Russland“ mit Karl Krökel, „Konfrontation zwischen NATO und Russland – Gefahr der Selbstvernichtung“ mit Christiane Reimann und „Perspektiven einer neuen europäischen Sicherheitsordnung“ mit Reiner Braun vertieft. Karl Krökel hatte detailliert die hunderte von EU-Sanktionen aufgelistet und deren schädliche Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft. Aus dem zweiten Forum wurden klare Forderungen an die Bundesregierung formuliert: Unterzeichnung des Atomwaffenverbots-Vertrages, den Atomwaffenstandort Büchel schließen, raus aus der NATO. Es wurde betont, dass große geopolitische Kräfteverschiebungen der eigentliche Grund für den Ukraine-Konflikt sind, dass aber die sich herausbildende multipolare Neuordnung der Welt nicht militärisch erreichbar ist. Im dritten Forum wurde die Notwendigkeit einer neuen europäischen Sicherheitsarchitektur betont, das erfordere langfristig eine neue (eurasische) OSZE-Struktur. Voraussetzung ist die Beendigung des Ukraine-Konfliktes. Dazu wurde als Minimalkonsens in der Friedensbewegung ein Waffenstillstand und Friedensverhandlungen formuliert. Auf den Hinweis, dass auch die Forderungen nach Stopp der Waffenlieferungen und Beendigung der Sanktionspolitik dazu gehören, zumal Wirtschaftssanktionen Bestandteil ziviler Kriegführung sind und Waffenlieferungen in Kriegsgebiete selbst nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz verboten sind, wurde ohne weitere inhaltliche Begründung von Reiner Braun wiederholt darauf verwiesen, dass das nicht konsensfähig sei. Wobei unbeantwortet blieb, für welche Kräfte der Friedensbewegung konkret diese Forderungen außerhalb eines Minimalkonsenses liegen – bei der Handwerker-Initiative sind sie Bestandteil des Forderungskataloges.
Die Referate und Ergebnisse des Kongresses sollen in einer Broschüre dokumentiert werden (auch unter http://www.handwerker-fuer-den-frieden.de).
Den Abschluss der Veranstaltung bildete die Aufforderung, verstärkt an den diesjährigen Ostermärschen teilzunehmen. Ein optimistischer Ausklang des Treffens!